Arztbesuch während Wiedereingliederung: Was beachten?
Stufenweise Wiedereingliederungen nach längerer Krankheit sind für viele Arbeitnehmer wichtige Schritte zurück in den Berufsalltag. Doch was geschieht, falls während dieser Phase ein Arzttermin ansteht? Hat der Arbeitnehmer umgehend seinen Arbeitgeber darüber zu informieren? Zählt hierbei der Arztbesuch als offizielle Arbeitszeit? Und: Wie lässt sich diese medizinische Versorgung mit der konkreten Strategie zum Wiedereinstieg vereinbaren?
Der Artikel erklärt, welche rechtlichen und praktischen Aspekte beim Arztbesuch während der Wiedereingliederung zu beachten sind. Denn: Genesung und beruflicher Neustart sollen Hand in Hand gehen.
Welche Herausforderungen bestehen bei der beruflichen Wiedereingliederung?
Berufliche Wiedereingliederungen nach längerer Krankheit erweisen sich als sensible Prozesse mit etlichen Stolpersteinen. Hier sind zwei Herausforderungen aufgelistet, die insbesondere eine reguläre medizinische Betreuung und Versorgung durch regelmäßigen Arztbesuch verlangen:
- Überlastung durch zu schnellen Wiedereinstieg: Zu ambitionierte Eingliederungspläne überfordern eventuell körperlich und/oder seelisch. Ergo: Die Arbeitszeit ist nur Schritt für Schritt anzuheben – angepasst an den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers. In der Regel ist aus diesem Grund eine individuelle Betreuung und Kontrolle durch den Hausarzt nötig.
- Gestaltung der Wiedereingliederung: Der Plan zur Wiedereingliederung muss gemeinsam mit dem Hausarzt oder Facharzt und der betroffenen Person abgestimmt werden. Denn: Nur so ist eine erfolgreiche berufliche Rehabilitation solide abgesichert.

Arztbesuch & Co.: Welche juristischen Rahmenbedingungen gibt es für den beruflichen Wiedereinstieg?
Im Rahmen der schrittweisen Wiedereingliederung gelten besondere rechtliche Regelungen. Diese betreffen sowohl den Schutz des Arbeitnehmers als auch die Koordination mit dem Arbeitgeber sowie der Krankenkasse.
Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengestellt:
- Keine Rehabilitationspflicht: Arbeitgeber sind nicht befugt, die Wiedereingliederung von abhängig Beschäftigten zu erzwingen. Diese erfolgt ausschließlich mit Zustimmung des Arbeitnehmers und auf ärztliche Empfehlung. Allerdings führen häufige Ablehnungen angebotener Reha-Maßnahmen zu unerwünschten juristischen Folgen – beispielsweise bei wiederholter Verweigerung ohne triftigen Grund.
- Versicherungsstatus: Weiterhin krankgeschrieben. Kurz: Bei der Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell bleibt der betreffende Arbeitnehmer offiziell arbeitsunfähig.
- Genehmigungspflicht: Arztbesuche während der beruflichen Rehabilitation sind prinzipiell Bestandteil einer hochwertigen medizinischen Betreuung. Sie unterliegen somit keiner Meldepflicht beim Arbeitgeber – anders als bei regulären Arbeitsverhältnissen.
- Krankengeld: Da der/die Beschäftigte weiterhin krankgeschrieben ist, bekommt er/sie Krankengeld von der gesetzlichen beziehungsweise privaten Krankenkasse – und nicht Lohn/Gehalt vom Arbeitgeber. Jede Wiedereingliederung ist demzufolge eine freiwillige Maßnahme zur Rückkehr in den Job – kein reguläres Arbeitsverhältnis.
- Versicherungsschutz: Solange die berufliche Rehabilitation läuft und der Arzt die Arbeitsunfähigkeit bestätigt, bleibt der Versicherungsschutz seitens der Krankenkasse erhalten.

Fallbeispiel 1: Orthopädische Reha nach Bandscheibenvorfall
Arztbesuch zur Anpassung des Wiedereingliederungsplans
Herr M., 53 Jahre, Lagerarbeiter, befindet sich nach einem Bandscheibenvorfall in der Wiedereingliederung. Er arbeitet aktuell vier Stunden werktäglich, hat jedoch zunehmend Rückenschmerzen. Der ärztliche Orthopäde von Herrn M. empfiehlt daraufhin eine dringende Anpassung der Strategien zur Wiedereingliederung. So vereinbart der Arbeitnehmer kurzfristig einen Arzttermin während seiner Arbeitszeit. Sein Ansinnen ist, die Belastung am Arbeitsplatz vom Facharzt neu bewerten zu lassen.
Was ist zu beachten?
Der Arztbesuch des beeinträchtigten Arbeitnehmers dient der medizinischen Untersuchung und adäquaten Anpassung des Wiedereingliederungsplans. Er ist somit ein notwendiger Teil der Reha-Maßnahme. Herr M. muss seinen Arbeitgeber nicht um Erlaubnis für diese Arztsprechstunde bitten. Er sollte aber den Konsultationstermin seinen Vorgesetzten frühzeitig mitteilen, um die Organisation in der Firma zu erleichtern. Eine neue ärztliche Beurteilung der Gesundheit und Arbeitskraft von Herrn M. führt gegebenenfalls dazu, dass sich die berufliche Rehabilitation zeitlich verlängert oder diese gar zu pausieren ist. Alle Folgeschritte sind hierbei mit der zuständigen Gesundheitskasse zu koordinieren.

Fallbeispiel 2: Rückkehr nach Burn-out
Arzttermin innerhalb der Wiedereingliederung
Frau H., 45 Jahre, Sachbearbeiterin in einer Versicherung, will nach einem neunmonatigen Burn-out in ihren Job zurückkehren. Die Wiedereingliederung erfolgt nach dem Hamburger Modell – zunächst zwei Stunden täglich, anschließend eine schrittweise Steigerung. In der vierten Woche der Reha-Maßnahme nimmt Frau H. einen Kontrolltermin bei ihrer Psychiaterin wahr, der auf einen Vormittag fällt – somit während der Arbeitszeit. Die verantwortungsbewusste Arbeitnehmerin informiert deshalb sofort ihre Vorgesetzte per E-Mail bereits am Vortag.
Was ist zu beachten?
Frau H. ist weiterhin offiziell krankgeschrieben und erhält deswegen Krankengeld. Der vorgesehene Arzttermin stellt überdies einen unerlässlichen Teil ihrer medizinischen Betreuung dar. Die reservierte Zeit mit dem Arzt ist darum nicht als lohnmindernde „Fehlstunde“ zu bewerten. Die Wiedereingliederung von Frau H. ist zudem freiwillig und beinhaltet demzufolge kein reguläres Arbeitsverhältnis. Daher bestehen grundsätzlich keine gesetzlichen Auflagen für die Reha-Teilnehmerin, Arzttermine außerhalb ihrer Arbeitszeit zu legen. Eine direkte Kommunikation mit dem Chef ist im Vorfeld dennoch anzuraten, um hierdurch Vertrauen und Transparenz am Arbeitsplatz zu fördern.
Fazit
Fallbeispiele und entsprechende Erörterungen zeigen auf: Arztbesuche während der Wiedereingliederung sind definitiv keine „Störungen“ der Arbeitsabläufe, sondern unabdingbarer Teil des gesamten Genesungsprozesses. Der hierzu erforderliche juristische Rahmen ist darum ausdrücklich vom Gesetzgeber geschützt. Wichtig wird allerdings eine gute Abstimmung zwischen Arbeitnehmer, Arzt, Arbeitgeber und zuständiger Krankenkasse.